EINE IDEE WIRD WIRKLICHKEIT

Die Geschichte der Laienspielgruppe Meckenbeuren:

Die Idee zur Gründung der Laienspielgruppe Meckenbeuren ist im Spätherbst des Jahres 1945 entstanden. Der totale Zusammenbruch nach dem 2. Weltkrieg hatte damals alle Lebensbereiche erfasst. Nur was von der französischen Militärverwaltung kontrolliert und geduldet wurde, konnte sich in bescheidenem Rahmen wieder entwickeln.

Das hoffnungslose Grau dieser Tage, in denen die Beschaffung von Nahrung und Kleidung, also das materielle Überleben zum Hauptzweck wurde, wirkte wie ein Leichentuch und lähmte vor allem den Blick auf kulturelle und geistige Perspektiven. Man wusste zwar, dass es noch andere Dinge gab, aber man hatte keine Zeit dafür. Man musste in erster Linie leben. Kurzfristige und rauschartige Oberflächen-Erlebnisse hatten Vorrang und das Erwachen daraus vergrößerte nur die allgemeine Unzufriedenheit. Es war deshalb schon ein Wagnis, was sich der aus Aachen stammende und durch die Kriegswirren nach Meckenbeuren gekommene 26-jährige Hubert Mohne in den Kopf gesetzt hatte. Als Mitglied des Aachener Domchores unter Herbert v. Karajan hatte er enge Fühlung zum Theater bekommen und suchte nun in Meckenbeuren Gleichgesinnte zum Aufbau einer Spielgruppe.
Im Kirchenchor Meckenbeuren, einem der wenigen Vereinigungen, die damals wieder tätig sein durften, lernte er Günter Gresser kennen, der ihn mit seinem Bruder Bruno zusammenbrachte. Aus der Arbeit der drei Personen ist die Laienspielgruppe Meckenbeuren entstanden. Gleich bei der ersten Kontaktnahme in der Küche des Bauernhauses in der Ravensburger Straße 15 herrschte Einigkeit darüber, in die Leere der Gegenwart wieder etwas Licht und Freude zu bringen.

Während Günter Gresser ein Allround-Talent war und sowohl das heitere als auch das ernste Metier beherrschte, besaß Hubert Mohne neben seinen darstellerischen Qualitäten eine unwahrscheinliche Organisationsgabe mit sicherem Gespür für das Machbare. Es gab fast nichts, was er nicht organisieren oder zumindest improvisieren konnte. Bruno Gresser widmete sich von Anfang an der Regie und Spielplangestaltung, eine Aufgabe, die er dann nahezu 30 Jahre lang wahrnahm.

Es ging natürlich nicht ohne Geburtshelfer. Dieser fand sich in der Person des damaligen Dorfpfarrers Karl Füller, einem großen und väterlichen Freund und Förderer der Spielgruppe. Er ebnete die rechtlichen Belange, er beschaffte die Anlehnung an die Katholische Schwabenjugend, der einzigen Jugendorganisation, die von der Besatzungsmacht anerkannt wurde. Die Urkunde, die 1946 an Hubert Mohne ausgehändigt würde, befindet sich noch heute bei den Gründungsunterlagen.

In einer ehemaligen Wehrmachtsbaracke, die auf dem Gelände der jetzigen Albrecht-Dürer-Straße stand, trafen sich Anfang August des gleichen Jahres außer den bereits genannten noch weitere vier Personen. Es waren dies Xaver und Marianne Kreuzer, Maya Neuer und Hilde Glöckler. In vermehrtem Umfang neue Kräfte zu gewinnen, war die erste Aufgabe. Man wandte sich an die Leute, die von früheren Aufführungen des Gesang und Sportvereins oder sonstigen Amateurgruppen bekannt waren. Aus diesen Kreisen kamen Karl Jäger sen., Wally Amann, Helene Weber und etwas später Gebhard Hofmann. Bei einem dieser "Rekrutierungsversuche" wurde bei Gärtnermeister A. Glöckler dessen Tochter Hilde entdeckt, die dann zum bekanntesten weiblichen Topstar der Gruppe avancierte.

Als Probe- und Spielort überließ die Gemeinde die von den Franzosen erbaute Jahnhalle, an der Stelle, an der sich heute das Feuerwehrhaus und der Gemeindesaal befinden. Diese geräumige Holzhalle mit ca. 500 Sitzplätzen war jahrelang der kulturelle Mittelpunkt Meckenbeurens, der allen Vereinen für ihre Aktivitäten offen stand. Trotz dieser guten Voraussetzungen geriet die Spielgruppe nach den ersten Monaten Probezeit in eine Krise, weil darstellerisch keine Fortschritte erzielt werden konnten. In dieser Situation fand sich ein Schutzengel in der Person von Eugen Maria Braun, Zigarrenhändler aus dem nahe gelegenen Tettnang. Vor dem Kriege war er Schauspieler am Hoftheater in Meiningen, einer der renommiertesten Bühnen Deutschlands. Er lehrte das Gehen und Sprechen, Mimik und Gestik und seine Regietipps bildeten die Grundlage, die das spielkulturelle Niveau der Laienspielgruppe auszeichnete. Er war ein echter Bonvivant, ein Charmeur alter Schule. Wenn er von seinen Begegnungen mit Gustav Gründgens, Heinrich George, von Paul Hartmann und Elisabeth Flickenschildt erzählte, gab es bei seinen Zuhörern feuchte Augen.

Der Erstling, die "Schwäbische Luft" wurde am 20. Oktober 1946 ein solcher Erfolg, dass es nach einigen weiteren Stücken und intensiver Schulung gewagt werden konnte, ein Stück zu bringen, das den endgültigen Durchbruch brachte. Es war "Das große Welttheater" von Calderon im Herbst 1947 mit über 50 Mitwirkenden, einschließlich Chor und Orchester.
Dies waren Größenordnungen, auch von den Zuschauerzahlen her (9 Aufführungen mit 4500 Besuchern), wie sie später nur noch bei den Operetten-Aufführungen erreicht wurden.

Die Spielgruppe hatte sich etabliert.

 

Zurück